Bildlexikon von Uwe Lüthje
und Dr. Horst Otto Müller
Name, Vorname: |
[Nicolai]
Christian Wraa |
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* wann und wo: | 26.08.1825 in Haderslev (Hadersleben) | |
† wann und wo: | 22. 04. 1895 in Berlin | |
Familie: | Sein Vater war der Maurermeister Jens Jensen Wraa. | |
Ursprünglicher Beruf: |
Steuermann | |
Ausbildungsorte: | ||
Atelier- standort(e): |
Hamburg Altona |
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Zeitraum/ Straße: |
Hamburg Große Bleichen 11 1857-1859 Altona 1860 Blumenstraße 36 |
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Filiale(n): | - | |
Inserate in Zeitungen: |
Siehe unten. |
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Bemerkungen: | ||
Biographisches: Um 1849 heiratete er Marie Henriette Sophie, geb. Neufert, aus Flensburg. N. C. Wraa wandte sich dem Seemannsberuf zu und wurde Steuermann. Während des Krieges Schleswig-Holstein gegen Dänemark von 1848 bis 1851 entschied er sich für die schleswig-holsteinische Seite und wurde Offizier in der kleinen schleswig-holsteinischen Marine. Am 20. 02. 1849 wurde er zum Fähnrich zur See ernannt und am 08. 03. 1850 zum Leutnant zur See II. Klasse befördert. Nach dem verlorenen Krieg und der Auflösung der schleswig-holsteinischen Armee und Marine stand er - wie viele Andere in vergleichbarer Situation - vor der schwierigen Frage, wie er seine Familie ernähren kann. Er verlegte seinen Aufenthaltsort 1851 nach Altona. Der Start erschien erfolgreich: Wraa konnte dort im Folgejahr die Bürgerrechte erwerben, betrieb zunächst einen Kohlenhandel, dann ein Zigarrenlager, das Ehepaar bekam Kinder, so die Tochter Emilie Dorette Henriette sowie im Folgejahr den Sohn Ernst Christian. Wra beteiligte sich anteilig am Kauf einer neuerbauten Yacht, "um die vereinigte Flotte der Westmäche mit Lebensmitteln und Delicatessen zu versorgen" und gut an den hohen Frachtraten zu verdienen. Offenbar waren aber alle seine Bemühungen, wirtschaftlich klarzukommen, letztlich nicht erfolgreich, denn er mußte im Mai 1857 Insolvenz anmelden. Trotzdem war es ihm offenbar möglich, im selben Jahr in Hamburg ein Fotoatelier (als Fortsetzung des Ateliers von Johann Völlner (* 1817)) übernehmen zu können. Im Mai 1857 eröffnete er in Hamburg in den Großen Bleichen 11 ein „Münchener Atelier für Photographie und Daguerreotypie“. Wann und wo er das Fotografieren gelernt hat, lässt sich nicht ermitteln. Mit mehrfachen, gleichlautenden Anzeigen warb er im Mai/Juni 1857 in den 'Altonaer Nachrichten', in den 'Hamburger Nachrichten' und in der 3 Mal wöchentlich erscheinenden Zeitung 'Der Freischütz' (zum Beispiel in der Ausgabe vom 5. und 26. Mai 1857) für sein Unternehmen. 1859 verlegte er sein Atelier für eine kurze Zeit nach Altona, zog noch im gleichen Jahr mit seiner Familie nach Tönning, eröffnete dort eine Gastwirtschaft, in der er unter Anderem eine Weihnachtsveranstaltung abhielt. Wie lange sein Aufenthalt in Tönning währte, ist unbekannt, aber im Juni 1861 kündigte die Zeitung "Reform" an, daß seine Gastwirtschaft inklusive Grundstück am 1. September des Jahres im Zuge einer Lotterie an den nächsten Besitzer übergehen soll. Christian Wraa reiste um 1862/63 zweimal nach Karlsruhe, um Großherzog Friedrich I. von Baden sein Projekt einer Seemanns-schule im Binnenland vorzustellen. Wraa gründete die Seemannsschule auf der Mainau am Bodensee bzw. seit 1. November 1863 im Neuen Schloss in Meersburg, das ihm der Großherzog zur Verfügung stellte. Die Seemannsschule existierte nur ein Jahr, wurde bereits Ende 1864 wieder geschlossen. Am 20. Januar 1866 wurde Wraa als 'Oberlotse' und Musterschreiber für das Herzogtum Schleswig angestellt, seinen Wohnsitz musste er in Flensburg nehmen. Er wurde am 20. Juni 1866, vermutlich mit Blick auf den anstehenden Strafprozess seiner Funktion wieder enthoben (dubiose Waffengeschäfte). Am 1. Oktober 1868 wurden „der ehemalige Marinecapitän Nicolas Christian Wraa“, vom Berliner Stadtgericht im sog. schleswig-holsteinischen Waffenlieferungsprozess wegen Betrugs zu Lasten der Preußischen Staatskasse verurteilt (zu 1.000 Thaler Geldstrafe, 2,5 Jahren Gefängnis und zu vier Jahren Verlust der Ehrenrechte). Die Gefängnisstrafe mußte er nur zum kleinen Teil absitzen, aber seine Finanzen waren und blieben zerrüttet. Das Königliche Amtsgericht zu Tönning eröffnete am 13./16. Juni 1870 den Konkurs über die Güter des „früheren Seeofficiers Chr. Wraa, derzeit in Berlin“, insbesondere über das Anwesen des sog. Schloßgartens in Tönning, nachdem ein Termin im März zur Zwangsversteigerung ohne Erfolg geblieben war und das Berliner Stadtgericht die Nachforschung seiner Forderungen betrieb. Am 20. November 1871 gründeten der Landwirt und spätere Reichstagsabgeordnete Gustav Adolf Thomsen aus Hemme die Tönninger Dampfschifffahrtsgesellschaft. Als Geschäftsführer und Inspektor wurde Kapitän Wraa eingesetzt, jedoch bald von abgelöst Nachdem seine erste Frau Marie Henriette Sophie gestorben war, heiratete er am 19. 05. 1874 in Berlin Pauline Caroline Clara, geb. Schütting. Mit seiner Frau verließ er Deutschland, übersiedelte 1876 in die USA. 1880 war er kaufmännischer Angestellter, wohnte am Brodway. 1881 verließ er die Vereinigten Staaten, verlegte seinen Wohnsitz nach Lambeth, einem Stadtteil von London. In der Volkszählungsliste von London 1881 steht als Beruf: 'pensionierter Captain German Navy'. Ab 1893 wohnte er wieder in Altona. In seinem Sterbebeitrag vom 22.04.1895 in Berlin ist vermerkt: „Leutnant außer Dienst der ehemaligen holsteinischen Marine“. Bis auf einen kurzen Nachruf fanden sich keine weiteren Stimmen. Die Fotografie war letztlich nur eine kurze Episode in seinem turbulenten Leben. Eine ausführliche biografische Quelle bietet ein detaillierter Artikel in der Wikipedia. |
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