Bildlexikon von Uwe Lüthje
und Dr. Horst Otto Müller
Die kardinale Aufgabe bei Aufnahmen im Fototelier umreißt ein einziger Satz: "Ein wichtiger Punkt ist während der Zeit der Exposition seine VÖLLIGE UNBEWEGLICHKEIT." (Vogel, Hermann W.: Lehrbuch der Photographie, 1878, S. 266). Ein solide gearbeiteter Kopfhalter bot bei Personenaufnahmen eine probate Hilfestellung, doch war das Atelier-Utensil durchweg unbeliebt und in Karikaturen vielfach Zielscheibe von (sanftem) Spott, so wie in dieser französischen Karikatur.
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Honoré Daumier (1808-1879): "Position réputée la plus commode pour avoir un joli portrait au Daguerréotype." Lithographie aus der Serie "Les bons bourgeois". Aus 'Le Charivari, 1847'. HxB: 34,3 x 23,2 cm. |
Daumier spöttelt hier über die Kopfstützen der damaligen Lichtbildner,
wobei er die Szene bewußt überspitzt:
der Kunde muß sich gefallen lassen, daß sein Kopf mit mehreren pointiert in Szene gesetzten Schraubzwingen fixiert wird. Bilduntertitelung: „Die bequemste Position für
ein schönes Daguerreotypie-Portrait.“ |
In der Lithographie sind die Halterungen sichtbar. Genau das - da ist sich die einschlägige Literatur einig - darf niemals passieren, weder bei einer Kopf- noch einer Ganzkörperhalterung. Unter allen Umständen muss die Fixierhilfe unsichtbar bleiben. Ein Ratgeber weist bereits 1864 darauf hin: |
Paul E. Liesegang:
Illustriertes Handbuch der Photographie. Berlin, Grieben, 1864, S. 60. |
Entscheidend ist, daß die abzulichtende Person zuerst die gewünschte Haltung einnimmt und erste danach die Halterung dementsprechend angepaßt wird: |
Liesegang, a. a. O., S. 61. |
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Josef Maria
Eder: Das Atelier und Laboratorium des Photographen. Halle a. Saale: Wilhelm Knapp 1893. S. 79. |
Fachliteratur zum Thema: Anna-Luise Wenske: Das Prinzip des Unsichtbaren
- Untersuchung am ausgewählten Berliner Atelierfotografien des 19.
Jahrhunderts. Bachelor-Arbeit an der Hochschule für Technik und
Wirtschaft, Berlin, 2009. PURL zum Download: https://www.berliner-fotografenateliers.de/pdf/Anna-LuiseWenske_Bachelorarbeit.pdf |
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