Bildlexikon von Uwe Lüthje
und Dr. Horst Otto Müller


Adreßbücher im Be-
trachtungszeitraum
1850-1880


Eine häufig anzutreffende Situation: im Internet taucht die Carte de Visite einer bislang unbekannten Fotografin bzw. eines unbekannten Fotografen auf. Eine zeitliche Grobeinordnung ist oft anhand der äußeren Gestaltung möglich (Reverskartondicke, Art der Bedruckung usw.), aber eine der Hauptschwierigkeiten bei der Erarbeitung dieses Fachlexikons war vielfach die Frage, ob die Fotografin/der Fotograf einer Carte de Visite nun exakt in den gewählten Betrachtungszeitraum gehört oder nicht.

Sehr hilfreich waren (meist) jährlich erscheinende Adreßverzeichnisse. Viele (bis heute immer noch mit roten Buttons versehene auf dieser Homepage) Fotografennamen stammen aus den offiziellen Adreßbüchern der Kommunen, die eine facettenreiche Widerspiegelung von ausgedehnten Volksbefragungen darstellen (in Form einer ausgedruckten Datenbank, sortiert z.B. nach Namen, Berufen, Straßen).
400050 - Adreßbuch Flensburg - Titelseite
ADRESSBUCH FÜR FLENSBURG 1878. Nach amtlichem und authentischem Material hrsg. von Carl Lange. Verlag: Flensburg (Lange), 1878. 3 Bl., 245 S. und 30 verschieden farbige Blätter mit Werbung sowie dem beiliegenden gefalteten Stadtplan. (Es ist keine vergrößerte Ansicht verfügbar)
Besonders die meist am Ende angehängten Werbeseiten erwiesen sich mehrfach als Fundgrube für Detailinformationen, denn im Unterschied zu einer Annonce in der Tageszeitung, bei der nach Quadrat-Millimetern abgerechnet wird, waren Werbeflächen in historischen Adreßbüchern durchweg sehr großzügig bemessen: oft finden sich lediglich drei oder vier Anzeigen auf einer Seite. Das eröffnete zum Beispiel die willkommene Möglichkeit, spezielle Arbeitsbereiche des Ateliers zu bewerben (Kinderfotografie, Fotografie auf Porzellan, Wiedergabe in Lebensgröße usw.), denn gerade in den Städten bestand durch die Konkurrenzsituation die Notwendigkeit, sich durch Alleinstellungsmerkmale merkantile Vorteile zu verschaffen. In Kiel nannte man diese angehängten Werbeseiten "Empfehlende Anzeigen".
400050 - Adreßbuchwerbung - Detail
Adreßbuch der Stadt Kiel für 1877, mit alphabetischem Straßen- und Häuserverzeichniß, einem nach Kataster-Nummern geordneten Verzeichniß sämmtlicher Gebäude nebst deren gegenwärtigen Versicherungs-Summen, und einigen gemeinnützigen Nachrichten, sowie einem Anhang mit 'Empfehlenden Anzeigen'. Abgeschlossen am 15. Januar 1877. Nach amtlichen Quellen zusammengestellt von F. W. Lindig. Kiel: Verlag von Schmidt & Klaunig, S. 34.
PURL/URN:
urn:nbn:de:gbv:8:2-2813226
Problematisch (wie bei allen namentlichen Verzeichnissen) sind Hör- oder Übermittlungsfehler. Die vorliegenden Adreßbücher sind von Menschen erstellt worden, die systematisch durch die Straßen einer Stadt gegangen sind, um personenbezogene Daten zu erfragen. Nicht selten passierte es dann, daß sich falsch Wahrgenommenes bis in eine Publikation hält, wie zum Beispiel beim Verzeichnis der Schleswiger Fotografen im Jahr 1879.
400050 - Adreßbuch Schleswig- Detail
Aus: Adreßbuch für Photographie und verwandte Fächer. Wien und Leipzig: 1879. Leipzig: Hermann Vogl., S. 137.
Aufgrund eines Hörfehlers wurde hier aus Eduard Kanberg 'E. Kunybery', der in der Zeile darüber (fast korrekt geschrieben), bereits erfaßt war.
Neben diesen offiziellen Adressbüchern gab es Vademecums für Geschäftsreisende, aber auch Touristen, oft in erheblichem Umfang mit hilfreichen Detailangaben. Als Fundgrube erwies sich besonders eine in verschiedenen Jahren in Nürnberg (als Band 13 von 31) erschienene Publikations-Reihe:
400050 - Adreßbuch aller Länder - Detail
Adressbuch der Kaufleute, Fabrikanten und Gewerbsleute sowie der Hof- und Gutsbesitzer von Schleswig-Holstein und
Lauenburg [...], Band 13, Nürnberg: C. Leuchs & Co., Titelseite.

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